Mag. Friedrich Baldinger, MBA


Frankenkredit-Misere: Gutachter nimmt Banken in die Pflicht

Ein Jahr nach dem Franken-Kursschock liegt erstmals ein Gerichtsgutachten zum Fall vor. Banken hätten erkennen müssen, dass Kunden mit Frankenkrediten Schiffbruch erleiden.

WIEN. Der Prozess eines Ehepaares gegen seine Bank am Landesgericht Wels könnte nun Signalwirkung für viele andere Fälle in der Frankenkredit-Misere haben. Denn wie mehr als 100.000 andere Österreicher auch haben die Wohnungseigentümer einen Frankenkredit laufen. Nun liegt ein Gutachten des Linzer Sachverständigen Friedrich Baldinger vor – es spart nicht mit Kritik.

Baldinger weist vor allem darauf hin, dass die Banken klar über Risiken hätten aufklären müssen, da die FMA bereits seit 2003 vor Frankenkrediten gewarnt hatte: “Ex ante betrachtet wäre es nach der Finanzkrise 2008 die ordnungsgemäße Primärempfehlung einer Bank gewesen, die Konvertierung des Schweizer-Franken-Kredits in Euro durchzuführen.”

Er kritisiert weiters, dass schon lang vor der Kursfreigabe vor einem Franken-Kurssprung gewarnt wurde. Bereits am 20. Oktober 2014 etwa äußerte sich die IKB Deutsche Industriebank AG in einem-sogar frei im Netz abrufbaren-Kommentar kritisch: Es sei “fraglich, ob die SNB (Schweizerische Nationalbank, Anm. d. Red.) ihr geldpolitisches Ziel eines Euro/Franken-Wechselkurses von mindestens 1,20 halten kann.”

Außerdem hätte der Bank klar sein müssen, dass eine Absicherung des Kredits mit einer Stop-Loss-Order bei der zu erwartenden Volatilität wie nach der Kursfreigabe durch die SNB schiefgehen kann. Der Gutachter: “Eine sorgfältige Bank hätte einen Kunden, der nicht bereit gewesen wäre, eine weitere negative Kursentwicklung von unter 1,20 zu akzeptieren, darauf hinweisen müssen, dass die Möglichkeit besteht, dass es bei einem hoch volatilen Markt zu wesentlich schlechteren Kursen kommt.”

Wolfgang Haslinger, Anwalt der Kläger, sieht sich in seiner Rechtsansicht, wonach die Bank Schäden zu tragen habe, bestätigt. Der Fall selbst stehe aber auch exemplarisch für viele andere Fälle. Zwar hatten die Banken viele Kredite, die im Kursgewitter des 15. Jänner 2015 ungünstig konvertiert wurden, wieder zurückkonvertiert-wie in Haslingers Fall.

Über der Schmerzgrenze

Der Schaden bleibt aber, weil der Kurs auch heute noch weit weg von jenem Kurs ist, den sich die Kreditnehmer via Stop-Loss-Order sichern wollten. So auch bei dem Paar, das 2005 für seine Wohnung 140.000 € bei einem Kurs von 1,55 Franken je € aufgenommen hatte. Bis 1,18 hätten sie eine weitere Kursverschlechterung noch verschmerzen können. Ihr Berater setzte daher-so wie es der Empfehlung seiner Bank entsprach-die Stop-Loss-Order bei 1,187 Franken je €.Beim Kursrutsch am 15. Jänner 2015 wurde der Kredit bei 1,01 statt 1,18 Franken je € konvertiert.

Der Anwalt der Bank war am Freitag nicht erreichbar. Dementsprechend knapp fiel auch das offizielle Statement der Bank aus: “Zum laufenden Verfahren können wir nichts Näheres sagen. Wir rechnen mit einer Abweisung der Klage.” Außerdem müsse das Gutachten im Prozess erst erörtert werden, hieß es.

Quelle: http://wirtschaftsblatt.at/home/nachrichten/newsletter/4911245/FrankenkreditMisere_Gutachter-nimmt-Banken-in-die-Pflicht
Erschienen in: Wirtschaftsblatt
Datum: 25.01.2016
Autor: Oliver Jaindl

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