Mag. Friedrich Baldinger, MBA


Banken lenken bei Klagen oft ein

Gerichte prüfen Stop-Loss-Orders bei Fremdwährungskrediten

SALZBURG, WIEN. Als im Jänner 2015 die Schweizer Notenbank die Bindung des Franken an den Eurokurs aufgab, war auch für viele österreichische Kreditnehmer Feuer am Dach. Wegen der rasanten Aufwertung des Franken gegenüber der europäischen Währung drohten den Besitzern von Fremdwährungskrediten massive Verluste.

Auch viele Bankkunden, die sich durch sogenannte Stop-Loss-Or- ders gegen derartige Kursstürze abgesichert hatten, mussten feststellen, dass das nicht geklappt hatte. Denn der Kursrutsch des Euro zum Franken war so rasant und weit nach unten, dass ein Großteil der Stop-Loss-Aufträge erst deutlich unter ihrer Auslösungsschwelle realisiert wurde. Damit hatten die Kreditnehmer nicht gerechnet – entsprechend groß war der Ärger. Denn ihr Fremdwährungskredit war damit zu einem wesentlich schlechteren Kurs in Euro rückgewandelt (konvertiert) worden als durch die Absicherung vorgesehen.

Bei den Konsumentenschützern der Arbeiterkammer gab es seit dem Vorjahr dazu Tausende Anfragen. Inzwischen gibt es nicht wenige Kreditnehmer, die sich auf eine gerichtliche Auseinandersetzung mit ihrer Bank einließen – teilweise geführt von der AK oder von Anwälten. Auch der Wiener Advokat Wolfgang Haslinger hat mehrere Klagen gegen verschiedene Geldinstitute eingebracht. Seine Erfahrung fasst er so zusammen: Die Banken hätten kein Interesse an Gerichtsverfahren, sondern seien an einer Einigung interessiert. „Alle Verfahren sind beendet worden.“ Das zeigte sich im Vorjahr auch bei der AK-Aktion, für geschädigte Fremdwährungskreditnehmer eine Schlichtung mit den Banken anzustreben. Zehn regionale Raiffeisen- und Volksbanken stimmten einer Einigung rasch zu. Gegen andere Institute klagte die AK. Im Schnitt betrug die Schadenshöhe 38.000 Euro. Kreditnehmer müssen sich mit Klagen nicht beeilen. Denn die dreijährige Verjährungsfrist endet erst Mitte Jänner 2018.

In zwei Prozessen, die Haslinger für seine Mandanten anstrengte, ließ das Gericht auch Sachverständigengutachten zur Problematik der Stop-Loss-Orders einholen. In einem Fall, in dem ein Ehepaar aus Oberösterreich einen Kredit über 140.000 Euro in Schweizer Franken abgeschlossen hatte, rechnete der Gutachter aus, dass bei einer Umsetzung der Stop-Loss-Order „zum angestrebten Kurs von 1,18“ der Schaden für den Kunden um fast 31.000 Euro geringer gewesen wäre. „Eine sorgfältige Bank hätte einen Kunden darauf hinweisen müssen, dass es bei einem hochvolatilen Markt zu wesentlich schlechteren Kursen kommt“, stellte der Gerichtssachverständige Friedrich Baldinger aus Linz fest. Der Wiener Sachverständige Oliver Lintner betonte in einem anderen Fall: „Eine Stop-Loss-Order bietet keinesfalls absolute Sicherheit gegenüber Kursverlusten bei Fremdwährungskrediten.“ Diese Sicherheit werde den Kreditnehmern von den Banken aber oft vermittelt, sagen Anwälte und Konsumentenschützer. Lintner: Die Aufgabe der Franken-Bindung an den Euro sei für niemanden mit hinreichender Sicherheit vorhersehbar gewesen, „die extreme Marktreaktion war allerdings keineswegs überraschend“.

An der New Yorker Börse sind Stop-Loss-Orders für Wertpapiere seit Kurzem nicht mehr möglich. Haslinger erklärt, an der Börse würden bei stärkeren Kursschwankungen derartige Vereinbarungen hinfällig oder es würden die jeweiligen Titel vom Handel ausgesetzt. „Die Börse ist eben ein geregelter Markt. Der Devisenmarkt ist ungeregelt.“

Quelle: http://www.nwhp.eu/wp-content/uploads/2016/04/41-62726120.pdf
Erschienen in: Salzburger Nachrichten
Datum: 15.04.2016
Autor: Gerald Stoiber

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